Die Renovierung eines jahrhundertealten, denkmalgeschützten Fachwerkgebäudes wie des Kazenmaierhauses muss nach Ansicht von Experten nicht zwangsläufig mit einem unwägbaren finanziellen Risiko verbunden sein.
Mühlacker. Dies hat der Archäologe und Bauforscher Tilmann Marstaller bei seinem Vortrag zum Thema „Das älteste Fachwerkhaus in Dürrmenz und seine Stellung im regionalen Hausbau“ am Beispiel seines eigenen Wohnhauses deutlich gemacht. Der historisch-archäologische Verein (HAV) hatte am Donnerstag zu der Informationsveranstaltung und einer Aussprache über die Zukunft des Gebäudes Hofstraße 17 in das Gemeindehaus der evangelischen Kirche eingeladen, und mehr als 70 Teilnehmer, darunter einige Gemeinderäte, verfolgten die Ausführungen Marstallers.
Die anschließende Diskussion verlief sehr eingleisig, es fehlte schlicht an Einwänden und Beiträgen, wonach es besser sei, „das alte Glomb abzureißen“. Leider zeige die Erfahrung, dass solche Veranstaltungen meist nur das Interesse derjenigen fänden, die das auf dem Prüfstand stehende Projekt ohnehin befürworteten, bedauerte Wolfgang Rieger vom HAV.
Wie Marstaller ausführte, ist das zweigeschossige Gebäude aus dem Jahr 1504, das stockwerksweise abgezimmert wurde, nicht nur ein Baudenkmal, sondern eine historische Quelle. Das entgegen aller Gewohnheit im Sommer gefällte Bauholz weise eindeutig darauf hin, dass das Haus direkt im Anschluss an die Brandschatzungen durch Herzog Ulrich wieder aufgebaut wurde. Es wurde errichtet in der Zeit eines stilistischen Umbruchs im Zimmereihandwerk, und in seinem Fachwerk findet sich sowohl die mittelalterliche Verplattung der Hölzer wie auch die Merkmale des verzapften fränkischen Fachwerks. Marstaller: „Es ist das progressivste Fachwerk, das wir in der Region kennen.“
Am Beispiel seines eigenen denkmalgeschützten Fachwerkhauses gab der Bauforscher Tipps zur Sanierung im finanziell verträglichen Rahmen. Um vor unliebsamen Überraschungen gefeit zu sein, sei die wichtigste Voraussetzung eine gründliche Bauschadensanalyse, und um unnötige Kosten für eine neue Statik zu vermeiden, sollten die historischen Achsen im Gebäude nicht verändert werden, erklärte der Bauhistoriker.
Bei der Diskussion ging es um Detailfragen wie das frühere Erscheinungsbild des im 19. Jahrhundert mehrfach umgebauten Hauses oder die Möglichkeiten einer öffentlichen Nutzung. Wohnhaus, Atelier oder Kleinkunstbühne ? Was in der Hofstraße 17 nach einer Sanierung möglich wäre, darüber hatte sich der wissenschaftliche Nachwuchs vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Gedanken gemacht und Teile der Entwürfe am Donnerstag im Gemeindehaus ausgestellt. „Diese Vorschläge sind durchaus ernst zu nehmen“, sagte Marstaller. Es müsse sich jedoch schnell ein Träger für das Projekt finden. Frank-Ulrich Seemann wollte wissen, wie der Bauhistoriker die Chance einschätzt, dass die Stadt die angestrebten 150 000 Euro beim Verkauf des Objekts erzielen kann. Beim Verkauf an einen Investor sei dies wenig wahrscheinlich, da dieser die Abbruchkosten vom Grundpreis abziehe, meinte Marstaller.
(Mühlacker Tagblatt vom 14.07.2012, Text u. Foto: Rainer Appich)