Wilhelm Leo Seite 24

Auch der Gläubiger Hof und unsere Schwäger mussten sich mit der gesetzlichen Aufwertung zufriedengeben. Es würde zu weit führen, wollte ich jeden einzelnen Fall beschreiben. Das sauer erarbeitete und ersparte Geld rann einem ohne Aufenthalt und immer mehr durch die Finger.

Durch die behaltenen Wirtschaften hatten wir zum Glück noch reelle Werte in der Hand. Hunderttausende begüterter und vermöglicher Leute haben damals Hab und Gut ganz verloren und wurden Bettler.

 


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Bild von Karl Röckinger

Die Niederlassung Wulle

Franz und ich blieben nach dem Verkauf als Verwalter und Leiter der vergrößerten Wulle-Niederlage hier. Albert wurde als Kaufmann nach Stuttgart in den Hauptbetrieb übernommen und dort später Prokurist. An Gehalt hatten wir uns einen höheren württembergischen Beamten ausbedungen. Wir bezogen 8.000 Mark im Jahre. Franz ist schon nach nicht ganz Jahresfrist ausgetreten und hat sich in Stuttgart selbständig gemacht. Ich bin nach 2 ½ jähriger Tätigkeit ausgetreten. Leider waren die Verhältnisse immer noch nicht so, dass ich etwas Passendes gefunden hätte. Ich habe mich nach allerhand Geschäften umgesehen, war aber zu vorsichtig, um mich nicht gewissenhaft über alles zu orientieren und mich zu überzeugen. Während meines Umsehens nach einer anderen Tätigkeit musste ich dann durch Versagen des Pächters vom Kühlen Krug diese Wirtschaft selbst übernehmen. Ich habe sie in Regie mit einem Fräulein Nicklas von Weikersheim dann 2 ½ Jahre umgetrieben und zwar als Weinwirtschaft.

Der Umsatz war so gut, dass ich damit das Gehalt eines mittleren Beamten als Gewinn herausgeschlagen habe. Nach dieser Zeit wurde ich auf eine Male von der Brauerei Wulle ersucht doch wieder als ihr Niederlageleiter tätig zu sein.

Der Entschluss ging mir sehr schwer, mich wieder anstellen zu lassen. Durch großen Zuspruch von meiner Frau und vom Bruder Albert bin ich im Jahre 1927 wieder eingetreten. Die in der Niederlage nach unserem Ausscheiden verbliebenen Beamten kamen nicht, weshalb man mich wieder holte.

In der Stelle als Leiter der Niederlage verblieb ich dann bis zu meiner Zuruhesetzung im 66. Lebensjahre. Ein Ruhegehalt von Wulle und eine mäßige Rente von der Angestelltenversicherung brachte mir mein Aushalten in der erwähnten Stellung ein, so dass ich im Stande bin mit unserer Mutter bescheiden davon zu leben.

Da Franz zum Erwerb eines Hauses in Stuttgart und eines Geschäftes dort Geld brauchte, habe ich ihm das Bahnhotel bei fortgeschrittener Inflation abgekauft. Ich habe dann dieses Objekt wieder mit Teilhaberschaft an eine Bijouterie-Fabrik, Geisel und Münch, weiterverkauft, um auf diese Weise einen Umtrieb zu bekommen.

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