Der bedrohte Sensationsfund

  • Der Archäologe Tilmann Marstaller referiert über das Kazenmaierhaus.
  • Findet sich kein Käufer, wird das älteste Haus in Dürrmenz wohl abgerissen.

Die Hoffnung, die so mancher womöglich heimlich im Herzen trug, ein bislang Unbekannter könnte wie Phönix aus der Asche emporsteigen und rufen: .Hier bin ich, ich kaufe das Haus., hat sich am Donnerstagabend nicht erfüllt. Und dennoch war die Informationsveranstaltung zum .Kazenmaierhaus. mit dem Archäologen Tilmann Marstaller ein Erfolg für all jene, die sich gegen einen Abriss des nach derzeitigem Kenntnisstand ältesten Wohnhauses von Dürrmenz zur Wehr setzen.
Bereits eine Viertelstunde vor Beginn der Veranstaltung hatte sich das örtliche St.-Andreas-Gemeindezentrum mit zahlreichen Interessierten gefüllt, die mit Spannung auf die Ausführungen Marstallers warteten. Unter ihnen befand sich auch Renate Angermeier, eine geborene Kazenmaier und damit Mitglied jener Familie, unter deren Namen das Haus an der Hofstraße 17 im Volksmund bekannt ist. Sie ist in dem 1504 erbauten Haus aufgewachsen und hat noch einmal zwischen 2007 und 2009 im .Kazenmaierhaus. gewohnt, ehe die Familie das Gebäude an die Stadt Mühlacker verkaufte. .Welchen historischen Wert das Haus hat, war uns damals allerdings noch nicht bewusst., erklärt Renate Angermeier. Nun hoffe sie, dass sich ein sanierungswilliger Käufer finde, der den Abrissbagger obsolet mache. Denn obwohl der historische Wert des Anwesens im Verlauf des Abends immer wieder explizit angesprochen wurde, könnte das Haus nach wie vor einer neuen Bebauung weichen müssen.
.In diesem Fall ginge allerdings nicht nur ein wertvolles Baudenkmal, sondern auch eine wichtige historische Quelle für immer verloren., erklärte Archäologe Marstaller. Denn das Haus an der Hofstraße 17 sei eines der ersten gewesen, die nach der von Herzog Ulrich von Württemberg im Jahre 1504 angeordneten Zerstörung des Ortes Dürrmenz wieder errichtet worden seien. .Wir wissen das aus Untersuchungen des verbauten Holzes, das von im Sommer 1504 geschlagenen Bäumen stammt., so Marstaller.
Dieser Sachverhalt weise auf die Ausnahmesituation hin, die nach der Zerstörung geherrscht habe, da Bäume im Mittelalter in der Regel im Winter geschlagen worden seien. .Das sogenannte Kazenmaierhaus dient folglich als wichtige Quelle für den damaligen Eroberungszug Ulrichs., erklärte der Bauforscher.
Marstaller selbst war es, der das historisch wertvolle Kleinod überhaupt entdeckte: Als er im Jahre 2010 von den Plänen hörte, das Haus an der Hofstraße 17 solle abgerissen werden, schaute sich der in Mühlacker durch die Sanierung der Burgruine Löffelstelz bekannte Archäologe das Gebäude genau an und entdeckte unter der Fassade sich abzeichnendes Fachwerk (siehe Foto links). .Durch die Art und Weise, wie die Balken verbaut waren, konnte ich so das Jahr bestimmen, in dem das Haus errichtet wurde., erklärte der Bauforscher. Und eben jenes besondere Fachwerk (eine Mischung aus mittelalterlichem und neuzeitlichem Stil) sei ein weiterer Punkt, der das Gebäude derart wertvoll mache.

Archäologe Tilmann Marstaller erläuterte die historische Bedeutung des Kazenmaierhauses.

Das Haus an der Hofstraße 17.





Eindringliche Aufforderung

Seit diesem Sensationsfund haben es sich die Mitglieder des örtlichen 012 Historisch-Archäologischen Vereins (HAV) auf die Fahnen geschrieben, für den Erhalt des .Kazenmaierhauses. einzutreten (PZ berichtete). Mit dem Vortrag von Tilmann Marstaller, der selbst gerade ein altes Haus saniert und daher Tipps aus erster Hand geben konnte, erhofften sich die Vereinsmitglieder denn auch, einen Schub in der Bevölkerung auszulösen, um doch noch einen Käufer für das Anwesen zu finden.
Am Ende der Veranstaltung richtete HAV-Mitglied Frank-Ulrich Seemann in Erinnerung an den Mühlacker Ehrenbürger Karl Knöller noch einen eindringlichen Appell an das halbe Dutzend anwesende Stadträte, das Haus auch dann zu erhalten, sollte sich in den nächsten Monaten kein privater Käufer finden: .Wer das Heute will verstehen, muss beim Gestern in die Schule gehen.. Dies könne jedoch nur dann gelingen, wenn das Gestern auch erhalten bleibe.


(Erschienen am 14. Juli 2012 in der "Pforzheimer Zeitung - Region Mühlacker" · Maximilian Lutz. - www.muehlacker-news.de)

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